Eier, Milch, Butter, Sozialanthropologie: meine geschätzte Einkaufslistensammlung

Es ist überraschend, was man in einem Waitrose im Norden Londons lernen kann, wie die Kunstkuratorin Ingrid Swenson herausfand, als sie begann, in Einkaufswagen und Körben gefundene Listen zu horten

Die Sammlung begann irgendwann im Jahr 2014. Ich habe mich nicht bewusst dafür entschieden, damit zu beginnen. Ich kann mich nicht an die erste Liste erinnern, die ich in die Hand genommen habe, außer dass sie nur wenige Einträge enthielt. Es lag in einem Korb, und in einem dieser klaren Momente dachte ich sofort auf völlig neue Weise über die Einkaufsliste nach. Es schien, als wäre die ganze Welt eines Menschen eingefroren und in einer einzigen, bescheidenen Einheit gefangen. Dieser Gedanke muss mir im Gedächtnis geblieben sein, denn ich erinnere mich, dass ich innerhalb relativ kurzer Zeit noch ein paar weitere Listen in die Tasche gesteckt hatte. Ich hatte das Gefühl, dass ich etwas auf der Spur war.

Es ist erstaunlich, wie viele Einkaufslisten man finden kann, wenn man ernsthaft danach sucht. Für den ungeübten Beobachter scheinen sie äußerst selten zu sein, aber sobald man „ein Auge darauf hat“, beginnt man, sie viel häufiger zu sehen. Bei einigen Gelegenheiten fand ich bei einem Besuch sogar vier oder fünf Exemplare. Um dies zu erreichen, muss man manchmal in den Reihen der Einkaufswagen herumwühlen, die sowohl auf dem Parkplatz als auch im großen Eingangsbereich stehen, oder ungewöhnlich langsam durch die Gänge laufen und dabei den Fokus auf den Boden richten. Niemand schien zu bemerken oder sich darum zu kümmern, dass sich diese Frau seltsam verhielt. Der Supermarkt ist ein großartiger Ort, um sich seltsam zu benehmen: Die Leute schauen einfach weg.

Obwohl ich nie groß darüber nachgedacht habe, ob es da draußen noch andere Einkaufslistensammler gibt, bin ich in den letzten Jahren auf eine kleine Gemeinschaft von uns aufmerksam geworden. Sammlungen im Vereinigten Königreich, den USA und in Europa waren Gegenstand von Büchern, Websites, einer Ausstellung, einer wöchentlichen Zeitungskolumne und sogar einem Ted Talk. Dies hat mich zu der Überzeugung geführt, dass es weltweit Sammler geben muss – in Nordkorea, Nigeria und Neuseeland. Ja, die Faszination von Einkaufslisten ist betörend und universell.

Obwohl es den Anschein hat, dass ich mich in guter Gesellschaft befinde, bin ich ziemlich sicher, dass meine Sammlung einzigartig ist. Meine Einkaufslisten wurden alle nach zwei grundlegenden, selbst auferlegten Regeln zusammengestellt:

Sie wurden alle im Waitrose-Supermarkt in der Holloway Road, London N7, gefunden.

Sie wurden alle von mir gefunden.

Die Listen wurden größtenteils aufgegeben oder sind verloren gegangen und nicht böswillig verunreinigt. Einfach zurückgelassen, völlig unbrauchbar und vergessen. Ich habe oft in den Mülleimern danach gesucht, weil ich dachte, dass die Leute sie verantwortungsbewusst entsorgen würden, aber es ist überraschend selten, Listen zu finden, die absichtlich weggeworfen wurden. Mir persönlich ist nicht bekannt, jemals eine Einkaufsliste verloren zu haben. Oft zu Hause gelassen, aber beim Einkaufen nicht verloren. Es besteht jedoch weiterhin die Möglichkeit, dass einige Käufer ihre Listen absichtlich hinterlassen haben, damit andere sie sehen können. Vielleicht sind sie dazu gedacht, gefunden und gelesen zu werden, um ein Territorium zu markieren und der Welt ihre gastronomischen Vorlieben mitzuteilen? Es ist möglich, mehrere Beispiele für Listen aus derselben Hand zu identifizieren – Käufer, die ihre Liste wiederholt aufgeben, fallen lassen oder verlegen. In diesen Fällen sind auch die Elemente auf den Listen sowie die physische Größe und die Art des verwendeten Papiers in der Regel sehr konsistent. Vor allem ein Käufer hinterlässt seine Listen so häufig – immer im Einkaufswagen, immer auf den gleichen Notizkarten und immer in der gleichen großen, kursiven, stilvollen, selbstbewussten Schrift –, dass man nur annehmen kann, dass es sich dabei um eine bewusste Form handelt der Kommunikation. Ihr Autor sagt: „Schauen Sie sich meine Welt voller wunderbarer Lebensmittel an, die ich gerne esse.“

Shopping Lists: A Consuming Fascination von Ingrid Swenson erscheint am 14. September bei Cheerio (£9,99). Um den Guardian und Observer zu unterstützen, bestellen Sie Ihr Exemplar bei Guardianbookshop.com. Es können Versandkosten anfallen